Zur Kunst von Eckhard Brock
Ich kenne Eckhard Brock seit vielen Jahren und habe seine persönliche und künstlerische Entwicklung miterlebt,
bestaunt und zum einem kleinen Teil auch mit ihm miterlitten. Eckhard Brock hat sich von seinen
Lebensumständen nicht nur inspirieren, er hat sie auch künstlerisch verarbeitet und so Frucht tragen
lassen.
Eckhard Brock ist in Süddeutschland in Reutlingen geboren. Er hat die Kunstakademie in Karlsruhe besucht
und sein Studium als Meisterschüler von Professor Kögler mit Erfolg abgeschlossen. Eine Schnitzerlehre
hat seine Ausbildung abgerundet. In mehreren Amerika-Aufenthalten hatte er die Gelegenheit, einen anderen
Geist und eine andere Freiheit und Vitalität aufzunehmen als sie hier zu finden sind, und sich davon
persönlich und künstlerisch befruchten zu lassen.
Seine Passion für die Malerei hat er schon früh entdeckt, was - vorhersagbarerweise - einige Bedenken bei
seinen Eltern hervorgerufen hat, die lieber gesehen hätten, dass ihr Sohn einen "soliden" Beruf erlernt
und ergreift, sich aber durch den Rat seiner damaligen künstlerischen Mentorin umstimmen ließen.
Eckhard Brock hatte in der Tat Vision und Disziplin genug, den Weg zu gehen, der ihm als der richtige
und seinem Wesen entsprechende erschien, und darin zeigen sich schon die Eigenschaften, die einen
Künstler auszeichnen, auszeichnen müssen, nämlich Vision: Die Sicht über das Alltägliche, Gegenständliche
hinaus, Kraft: Die Disziplin, seine Vision durch alle Widrigkeiten zu verfolgen und zu konkretisieren,
und Mut: Die Freiheit, Schritte ins Ungewisse, ins Neuland zu gehen. Hier gibt es keinen doppelten Boden,
der Künstler hängt in besonderer Weise von sich und seinen Fähigkeiten ab. Entsprechend verlief dann auch
die spirituelle Entwicklung von Eckhard Brock, der sich auf seiner Suche nach der Wahrheit hinter
den Dingen mit nichts weniger zufrieden geben wollte als mit dem Vollkommenen selbst.
Dann wieder öffnen sich in kreisrunder Form aus hellen, wolkigen Schattierungen rechteckige, räumlich
hervorgehobene Fenster in einen Raum hinter dem Bild. Immer wieder variiert Eckhard Brock hier die
gegensätzlichen Motive eines Schleiers des Ungewissen, Verheißungsvollen und teils amorpher, teils
geometrischer Durchbrüche, in denen die Ahnung eines Neuen sichtbar wird. Hier zeigt sich eine völlig
neue Freiheit in der Malerei Eckhard Brocks - eine Freiheit, deren Boden die Disziplin ist, mit der er
die vollkommene Ausgewogenheit seiner Bilder sucht.
Dem gegenüber steht die Freude Eckhard Brocks an der Grundform, der Grundfarbe, die sich in Bildern
ganz einfacher und klarer Geometrie und Farbkontrasten und -spielen zeigt, wie zum Beispiel der
Bilderserie, die bei meiner Frau und mir die "Hausserie" heißt. Mit sanften Erd- und Himmelstönen
gefüllte Rechtecke und Dreiecke vermitteln dem Betrachter Ruhe und Klarheit.
Damit sind wir bei einem kontroversen Thema, nämlich der abstrakten Kunst. Sie wird oft abgelehnt,
weil nicht verstanden. Selbst denjenigen, die ihr offen gegenüberstehen, bleibt sie wohl gelegentlich
ein Rätsel.
Deshalb möchte ich kurz den Begriff der Abstraktion klären (entnommen Wikipedia).
Abstraktion bedeutet die Konstruktion eines Modells, um ein schnelleres Verständnis der wesentlichen
Elemente der realen Welt oder eines komplexeren Modells zu erhalten, oder Aussagen auf andere konkrete
Modelle übertragen zu können.
Abstraktion ist ein Verfahren, welches in den Naturwissenschaften, hierbei besonders in der Mathematik,
in der Informatik, aber auch in jedweder Auseinandersetzung mit Geschriebenem (und damit in den
Geisteswissenschaften) große Bedeutung besitzt.
In der Informatik besagt das Konzept der Abstraktion, dass man von einer höheren Ebene aus gewisse
Details einer niedrigeren Ebene nicht zu kennen braucht.
Abstraktion ist die Fähigkeit, eine gemeinsame Qualität oder Oualitäten in verschiedenen Dingen wahrzunehmen und daraus eine Verallgemeinerung zu bilden. Wir abstrahieren zum Beispiel, wenn wir Kirchen, Bauernhäuser und Wolkenkratzer als Gebäude betrachten.
Einfach gesagt ist es das Ziel der Abstraktion, eine grundlegenden Zusammenhang, eine grundlegende
Wahrheit herauszustellen. Betrachtet man die älteste bekannte menschliche Kunst, wie z.B. Höhlenmalereien,
so entdeckt man auch hier Vereinfachung, Abstraktion, die Beschränkung auf Wesentliches, die in der
Malerei der Moderne wieder auftaucht und in scheinbarer Verfremdung ihren Höhepunkt findet.
Wie passt aber nun Verfremdung dazu? Wie passt es dazu, dass man in einem abstrakten Bild zunächst
oft gar nichts zu entdecken scheint?
Wer sich einmal auf einer etwas höheren Ebene mit Mathematik beschäftigt hat, der wird wissen, dass es
oft erheblicher Anstrengung bedarf, hier logische Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen - sie aber
völlig einleuchtend sind, sobald man das bewältigt hat. Auch ein abstraktes Bild stellt eine solche
Herausforderung dar: Es fordert uns auf, sein Rätsel zu lösen, zu entdecken, was in ihm steckt. Es
appelliert an unsere Neugier, unseren Forscherdrang. Abstrakte Kunst ist kein Fastfood. Sie bedarf der
Auseinandersetzung mit dem Bild. Farbe und Form sind eine Art der Kommunikation, eine Sprache, die man
erlernen kann.
Eckhard Brock hat mir kürzlich in diesem Zusammenhang eine schöne Anekdote von seiner letzten
Ausstellung in der Schule erzählt, in der er lehrt. Hier hatte er ein abstraktes Bild zur Versteigerung
gestiftet, das auf schwarzem Hintergrund leuchtende Farben zeigt. Als er das Bild zeigte, wurde
einige Ablehnung gegenüber abstrakter Kunst geäußert, bis er den - wirklich inspirierten - Titel des
Bildes nannte: Er lautet "In dunklen Zeiten Farbe bekennen". Das schlug ein wie ein Blitz. Plötzlich
konnten die Betrachter etwas mit dem Bild anfangen, sich persönlich, mit eigenen Lebenserfahrungen
damit identifizieren. Diesen Zugang zu einem abstrakten Bild gilt es zu gewinnen: Und plötzlich erkennt
man das Leben das darin steckt, die Wahrheit, die es ans Licht bringt.
Über all dem sollte man nicht vergessen, dass ein Bild immer auch Schmuck ist. Eckhard Brock gelingt es,
beide Ansprüche zu vereinen.
Ich habe sehr oft das Wort "leuchten" in seinen Variationen verwendet. Farbe ist Licht - das ist eine
physikalische Tatsache. Licht wird von alters her mit Wahrheit, Leben, Freiheit in Verbindung gebracht.
Die Kunst Eckhard Brocks folgt so gar nicht dem Mainstream, dem gängigen Muster, zu schockieren, Ekel
zu erregen, die Abscheulichkeiten dieser Welt offen zu legen, wie das heute leider eher geschieht,
um Profit daraus zu schlagen denn als Hilferuf. Das heißt nicht, dass es in der Kunst Eckhard Brocks
kein Leid gäbe. Das anfangs erwähnte Bild "Stark wie der Tod ist die Liebe", welches ist in einer
verzweifelten Lebenssituation entstanden ist, ist ein Beispiel dafür. Die Kunst Eckhard Brocks zeigt
wie dieses Bild über das Leid hinaus, weist auf eine Erlösung hin, lässt eine neue, bessere Welt erahnen.
Es ist die Wahrheit: Glaube, Liebe, Hoffnung werden bleiben, und alle Tränen werden abgewischt werden.
Mit diesen Worten möchte ich Sie dem Genuss der hier gezeigten Kunstwerke überlassen
und wünsche Ihnen, dass Sie für sich die Rätsel der Werke Eckhard Brocks lösen.
Dietfrid Mali